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Antrag / Anfrage / Rede

Anfrage zum „Abschlussbericht Energienutzungsplan für die Stadt Ingolstadt – V0103/14“

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

mit derzeitigem Sitzungsdurchlauf wird dem Stadtrat der Abschlussbericht zum Energienutzungsplan (ENP) zur Kenntnis gegeben. Ein ENP klammert nun aber die für den Energiebereich grundlegende Frage der  Versorgungssicherheit aus, also die gesicherte Herkunft –vor allem fossiler- Energie in ausreichenden Mengen. Dies würde auch den eigentlichen Rahmen eines ENP sprengen, weshalb wir nun mit dieser Anfrage um Auskünfte bitten. Schließlich stammen Öl und Gas aus vielfach nicht sehr stabilen Regionen: Konflikte in der Ukraine, im Nahen und Mittleren Osten, in Nordafrika; auch Territorialkonflikte Chinas mit Japan oder Vietnam im südchinesischen Meer spiegeln letztlich Versorgungsfragen um Rohstoffe wieder. Schließlich weist mittlerweile selbst Lukoil als größte russische Fördergesellschaft in eigenen Studien darauf hin, das „derzeit geplante Projekte nicht in der Lage sind, den Förderabfall in bereits entwickelten Feldern auszugleichen“ und sieht ab 2016/2017 Probleme. Schon seit Jahren beobachtet man in der konventionellen Förderung weltweit deutlich mehr Verbrauch als Neufunde bei Öl und Gas. Daher nun folgende Fragen an Sie:

Frage Nr. 1: Wie gliedert sich der Anteil des Ingolstädter Ölverbrauches nach seiner Herkunft? Was stammt aus dem Bereich der früheren Sowjetunion, was aus dem Nahen Osten, dem Mittleren Osten, was aus Nordafrika?

Frage Nr. 2: Wie gliedert sich der Anteil des Ingolstädter Gasverbrauches nach seiner Herkunft? Was stammt aus dem Bereich der früheren Sowjetunion, was aus dem Nahen Osten, dem Mittleren Osten, was aus Nordafrika?

Frage Nr. 3: Es gibt Zahlen, nach denen die Bundesbürger 2012 pro Kopf im Durchschnitt knapp 1200 € für fossile Energieimporte ausgegeben haben, nahezu das Dreifache gegenüber vor 10 Jahren. Hochgerechnet würde das für Ingolstadt eine Größenordnung von derzeit ca. 150 Mio. € pro Jahr bedeuten. Aus unserer Sicht sehr konservative Zukunftsszenarien aus aktuellen Studien deuten auf eine knappe Verdoppelung dieser Kosten bis 2030 hin, könnten bis dahin also für Ingolstadt kumuliert bei etwa 3,5 Mrd. € liegen. – Kann man diese Zahlenbasis bei allen gegebenen Unsicherheiten als aus heutiger Sicht realistisch betrachten?

Frage Nr. 4: Mit der Fa. Bayerngas besteht ein Gemeinschaftsunternehmen bayerischer Kommunen, das sich mittlerweile auch mit vielfältigen Aktivitäten vom Rohstoffeinkauf über dessen Speicherung bis hin zur Förderung betätigt. Normalerweise sehen wir die unternehmerische Tätigkeit einer Kommune gerade auch für Großunternehmen kritisch, haben aber bei Bayerngas immer ein Auge zugedrückt und so der Diversifizierung der Erdgaslieferländer höhere Bedeutung zugebilligt. So kam auch unsere Zustimmung wie die des gesamtes Stadtrates zu einer Kapitalerhöhung primär für Offshore-Gasförderungen in Norwegen zustande – eine Diskussion, die bekanntlich in anderen Städten gänzlich anders lief und u.a. zum Ausstieg der Stadt Regensburg führte. Zu Bayerngas nun folgende Fragen:

Frage Nr. 4a: Bayerngas hat verlauten lassen, auf Fracking zu verzichten. Gilt dies auch für Auslandsaktivitäten des Unternehmens und gilt dies letztlich auch für gemeinschaftliche Aktivitäten? In diesem Zusammenhang sei auch an geplante Bohrungen von RAG (mit Bayerngas-Beteiligung) in Mauerkirchen im Chiemgau in einem Natur- und Wasserschutzgebiet erinnert, wenn auch ohne Fracking, auf die erst nach heftigen Protesten der Bevölkerung verzichtet wurde.

Frage Nr. 4b: Eine aktuelle Studie der unabhängigen Energy Watch Group stellt fest, dass „eine Diversifizierung der Erdgaslieferländer für die EU ein Luftschloss“ sei. „Es ist schwer vorstellbar, innerhalb der weltweiten Erdgaswirtschaft einen Ersatz für die russischen Gaslieferungen zu finden, ohne das weltweite Preisgefüge deutlich nach oben zu treiben.“ Beim ifo-Instiut München kann man dazu lesen: „Dem Kreml ist es gelungen, mit seinen Pipelineplänen die europäischen Anstrengungen zur Diversifizierung (Nabucco) zu untergraben“. Wenn man nun davon ausgeht, dass künftig mehr denn je zuvor sich auch asiatische Interessenten an den russischen Rohstoffmärkten bedienen wollen, steigt dann nicht das Risiko, dass Russland zwar mehr Öl und Gas liefern möchte, aber demnächst vielleicht gar nicht mehr kann?

Wir sehen diese Fragen gerade auch für unsere stark vom Fahrzeugbau abhängige Stadt und Region als enorm wichtig an und möchten Sie deshalb bitten, Ihre Antworten allen Stadträten zukommen zu lassen.


Mit freundlichen Grüßen

Simone Vosswinkel,            Franz Hofmaier,
ödp-Stadträtin             ödp-Stadtrat

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