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Antrag / Anfrage / Rede

Haushaltsrede 2006

Haushaltsrede des ÖDP Stadtrates Franz Hofmaier

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
verehrte Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates,

ein außerordentlich gutes Jahr für einen Kämmerer neigt sich seinem Ende
entgegen. Nach einer Stabilisierung in 2005 haben mehrfach nach oben
korrigierte Einnahmezahlen – fast ausschließlich durch die schwankungsanfällige Gewerbesteuer ausgelöst – den kommunalen Haushalten allgemein, im besonderen aber Ingolstadt deutlich Luft zum Atmen verschafft.

In kurzer Zeit ist unsere Stadt finanziell erstaunlich rasch genesen vom Kampf um einen genehmigungsfähigen Haushalt. Wie nutzen wir das ruhigere
Fahrwasser, die neu gewonnene Zuversicht? Zur Vorsicht mahnt ganz aktuell die Wirtschaftswoche: „Das Jahr 2006 hat alle positiv überrascht – im kommenden Jahr sind böse Überraschungen nicht auszuschließen.“

Begehrlichkeiten gibt es derzeit genug, und es gibt ja auch genug Stellen, an denen in den letzten Jahren Mittel gestreckt und gekürzt und so manchem weh getan wurde. So mancher der zu heutigem Haushalt vorliegenden Zusatzanträge spiegelt dies wieder.

Wichtig erscheint mir zunächst, die Gesamtverbindlichkeiten – nicht nur der
Stadt, sondern des gesamten Bürgerkonzerns - sorgfältig im Auge zu behalten.

Mit diesen Verbindlichkeiten müssen auch künftige Stadtratsgremien und
Generationen noch irgendwie umgehen können, gerade auch in ungünstigeren Perioden, in konjunkturellen Tälern.

Und ich hoffe, dass der lobenswerten Ergänzung des Beteiligungsberichtes 2006 um komprimierte wesentliche Unternehmenszahlen der städtischen
Beteiligungen demnächst – in den Gelben Seiten – auch eine entsprechende
Übersicht mit komprimierten Konzernzahlen folgt. Die dortige Übersicht
„Verschuldung je Einwohner“ mit Vergleich zu anderen bayerischen Städten
macht nur Sinn, wenn die nicht nur in Ingolstadt durchgeführten
Ausgliederungen von Tochterunternehmen in allen angebotenen Zahlen
mitberücksichtigt ist.

Mittelfristig jedenfalls muss das Ziel der Stadt Ingolstadt sein, zu einem
ausgeglichenen Haushalt zu kommen. Die heutigen Schwankungen auf der
Einnahmenseite lassen so ein grundsätzliches Ziel kaum zu, aber über ein
Zeitfenster von jeweils mehreren Jahren sollte so ein Ziel schon ernsthaft
angestrebt werden.

Dass durchaus etwas Investitionskraft bei der Stadt vorhanden ist, sieht man an einem geplanten Investitionsprogramm für 2007 und 2008 von jeweils 45 Mio. Euro. Wobei zusätzlich so manche Baumaßnahme auch über das Konto der IFG abgerechnet wird. Und doch: Das eine oder andere Fragezeichen bleibt, z.B. ob und wie man den geplanten Ausbau der Krippenplätze bis 2010 ohne Investitionen schaffen will.

Ein großer Teil der vorgesehenen Investitionen indes ist notwendig, oft auch
unumgänglich. Alles andere – und da müssen wir schon kritisch definieren –
gehört sich sehr gründlich auf den Prüfstand gestellt.

An dieser Stelle nenne ich das Projekt „Stadt an der Donau“. Die Donau näher an die Innenstadt heranzubringen ist sicherlich ein erstrebenswertes Ziel für den Stadtrat. Ob dazu Investitionen in 2006 und 2007 von insgesamt 1,1 Mio. Euro nötig sind und zusätzlich demnächst auch noch ein Gastronomiebetrieb in Konkurrenz zum nahen Theaterrestaurant und in Erwartung der neuen Planungen am Gießereigelände folgen muss, vermag ich nicht so recht nachzuvollziehen.

Erstaunlich hoch auch das Tempo, das man derzeit bei der Sanierung von
Altstadtstraßen und dem Münsterumfeld vorlegt. Dass hier im Laufe der
nächsten Jahre Geld in die Hand genommen werden sollte ist sicherlich kaum
strittig – und doch bleiben Fragen, wenn man parallel dazu feststellt, dass für eine Umgestaltung des Nordbahnhof-Vorplatzes in der gesamten mittelfristigen Finanzplanung, sprich über 2010 hinaus, noch kein Euro reserviert ist. Selbst wenn am Nordbahnhof eine große Zukunftslösung derzeit noch nicht so recht in Sicht ist: Viele würden sich schon mal vorab über eine kapazitätsmäßig ausreichende, komfortablere und überdachte Fahrradabstellmöglichkeit freuen.

Damit bin ich bei Geh- und Radwegen, die nach etlichen – verständlicherweise mageren Jahren – mit immerhin 1 Mio. Euro wieder bedacht werden. Dazu eine Bitte: Immer wieder verärgern einen Radler bauliche Mängel wie nicht ausreichend abgesenkte Bordsteinkanten. Ein wenig diesbezügliche Radwegepflege erhöht das Fahrvergnügen und die Sicherheit – und wenn man bei Neuanlagen möglichst ganz darauf verzichten kann, dann sparen wir pro Radweg auch noch Minimum einen Schnaps ein.

Die Stadt wächst – sogar die Straßen wachsen noch mit, wenn man an die
Südost-Spange denkt – selbst der Straßenzustand zeigt sich vielfach erneuert.

Was jedoch nicht mitwächst ist in Ingolstadt der ÖPNV. Im Gegenteil: Sowohl Fahrleistung als auch Fahrgäste waren in den letzten Jahren massiv rückläufig. Und dies im Gegensatz zu anderen bayerischen Städten, denen es im gleichen Zeitraum finanziell sicherlich kaum besser erging als uns. Mit einem INVGWorkshop im Juli diesen Jahres kam mit externer Unterstützung all die Problematik rund um den ÖPNV in Ingolstadt auf das Tablett. Von mehr Flexibilität und Bedarfsorientierung war dabei vor allem die Rede.

Meine Sicht der Dinge: In 2007 sollte als ein Schwerpunkt unserer Arbeit die
Rolle des ÖPNV in unserer Stadt überdacht werden. Dabei muss uns klar sein, dass die Strassen nicht in gleichem Maße wie der Verkehr mitwachsen können, dass es Grenzen beim Autoverkehr gibt, dass, um alle Verkehrsmittel nutzbar zu erhalten, auch ein gutes ÖPNV-Angebot vorhanden sein muss.

Ob dies mit einem Mehr an Flexibilität und Bedarfsorientierung alleine zu
bewältigen ist? Wichtig ist, dass im neuen Jahr kreativ an Lösungsansätzen
gearbeitet wird.

Selbst unser ICE-Halt kann von einem optimierten ÖPNV-Angebot profitieren:

Von München und Nürnberg kommt man jetzt in einer halben Stunde nach
Ingolstadt – und zur Technischen Entwicklung von Audi mit ihren vielen
Besuchern von außerhalb braucht man dann eine Dreiviertelstunde im Bus
inklusive Umsteigen und muss dann noch 10 Minuten laufen. Bahntechnisch
sind wir durch die neue ICE-Strecke in die Bundesliga aufgestiegen, was den
Nahverkehr angeht aber in der Kreisklasse hängengeblieben. Eine
Schnellbuslinie Hauptbahnhof – Innenstadt – Audi – Audi-TE gehört unbedingt ganz oben auf die Tagesordnung, vor allem solange der längst überfällige Bahnhalt Audi-Nord nicht Realität ist.

Vom Verkehr zu unseren Gebäuden: Die Energiekosten bewegen sich – wenn
auch unter Schwankungen – letztlich deutlich aufwärts. Und dieser Trend wird sich fortsetzen, dafür sorgt ein kaum zu stillender Energiehunger weltweit.

Dass statt erwarteter Energiekosten von 3,2 Mio. Euro nun für 2006 700.000 Euro mehr gebraucht werden, spricht eine deutliche Sprache –
Inanspruchnahmen der Deckungsreserve für ähnliche Ergebnisse sind auch in Zukunft nicht ausgeschlossen.

Darum muss diesem Kostenbereich künftig eine hohe Aufmerksamkeit
zukommen. Die Zahlen sprechen auch für ein Gebäudemanagement, in dem je Gebäude ein Energiebeauftragter benannt und auch entsprechend geschult wird, der auf Energieeffizienz achtet, Beleuchtungskonzepte, Lüftungsanlagen, allgemeinen Gebäudezustand und auch den Wochenendbetrieb im Auge hat. Passend dazu eine ganz aktuelle Meldung der Kreditanstalt für Wiederaufbau:

Zum 1. Januar 2007 werden die Fördermöglichkeiten für die energetische
Gebäudesanierung im Rahmen des CO2-Gebäudesanierungsprogrammes
ausgeweitet – und damit auch Kommunen in das Förderkonzept einbezogen. Für die gesamten Investitionskosten der energetischen Sanierung von öffentlichen Gebäuden wie Schulen, Turnhallen oder Kindertagesstätten.

Günstige KfW-Kredite mit einem Volumen über 25 Mio. Euro haben uns in den letzten Jahren manche Investition erleichtert, jetzt hoffe ich durch dieses KfWFörderprogramm auf einige nachhaltige Impulse in 2007.

Aber was heißt schon „Nachhaltigkeit“ – den Begriff haben wir doch allesamt
längst in unseren Kernwortschatz übernommen. Mit welchen Folgen?

Ökologen klagen z.B. auch nach einem Jahr Schwarz-Rot in Berlin: Was wurde nur aus unserer früheren Umweltministerin, wo bleibt Angela Schwarzenegger? Schließlich zeigte der kalifornische Gouverneur zuletzt in mancherlei Hinsicht etwas mehr Mut zu nachhaltigen Entscheidungen.

Diese Frage übertragen auf unsere lokale Ebene: Vielleicht verhilft uns die KfW noch zu einem Arnold Lehmann.

Damit abschließend noch zurück in unsere Innenstadt. Deren Belebung ist ja
unser aller Anliegen, auch wenn manchmal die Meinungen, wie diese am besten zu erreichen sei, leicht differieren – und vor mancher Waffenruhe ein Stachel ganz schön tief sitzt ...

Was den Rathausplatz anbelangt, sollte man es mal mit ein paar ordentlich
gewachsenen Trogpflanzen versuchen – etwas Grün belebt einen Platz durchaus auch – nicht nur Rosi Mittermeier. Und verärgert obendrein keine umgeleiteten ÖPNV-Kunden.

Damit zu meinem Fazit des Haushalts: Es gibt sicherlich viel positives zu
diesem Haushalt zu erwähnen, beispielsweise auch das hohe Engagement der Stadt beim Thema „Soziale Stadt“. Allerdings hätte ich in manchen Punkten – siehe auch meine Ausführungen – die Akzente doch ein wenig anders gesetzt – und dabei auch liebend gerne auf die eine oder andere Einnahme aus Grundstücksgeschäften in diesem Jahr verzichtet.

Darum werde ich mich letztlich für eine Ablehnung aussprechen.

Herr Oberbürgermeister, Kolleginnen und Kollegen,
mein Wunsch ist es, dass wir diese Stadtratsperiode möglichst solide mit Blick auf das absolut wesentliche zu Ende bringen.

Damit bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche allerseits eine
ruhige, besinnliche Weihnachtszeit und ein gutes Neues Jahr 2007.

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