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Antrag / Anfrage / Rede

Haushaltsrede 2004

Haushaltsrede des ÖDP Stadtrates Franz Hofmaier

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

verehrte Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates,

nur wenige Tage ist es her, dass in den Medien von einer Verfassungsbeschwerde gegen den Nachtragshaushalt des Bundes und den Bundeshaushalt 2005 die Rede war. Wie zu manch anderen Themen wird nun Karlsruhe auch bezüglich der Finanzen zu Rate gezogen und soll prüfen, ob nun eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts vorliegt, ob die beiden Werke verfassungskonform sind.

Dies nur als ein Beispiel für öffentliche Haushalte am Krückstock, auf anderen Ebenen von der EU bis zu den Kommunen sieht es oft nicht besser aus.

Eine Folge:

Wenn es allen schlecht geht, scheitert auch eine Gemeindefinanzreform.

Und um Details des kommunalen Finanzausgleichs wird hartnäckig gerungen.

Fazit aber auch:
Wenn es allen schlecht geht, sind keine großen Finanzspritzen und Hilfen zugunsten der Kommunen zu erwarten.

Bleibt also für einen allgemeinen Aufschwung in den Haushalten die Hoffnung auf ein Anziehen der Konjunktur. Am Geld dafür mangelt es nicht – von 4 Billionen Euro Privatvermögen in Deutschland wird derzeit ausgegangen.

Aber an der Investitionsbereitschaft mangelt es angesichts beinahe täglicher verunsichernder Meldungen um Renten und den Arbeitsmarkt. Hohe psychologische Hürden sind heute einzureißen, um den Menschen wieder mehr Zuversicht und Optimismus einzuimpfen.

Was unserer Gesellschaft heute fehlt, sind klare Perspektiven für Bürger, Konsumenten, Unternehmen, für uns alle, und das auf Jahre hinaus. Und man darf dabei aus meiner Sicht nicht nur schlicht nach mehr Wachstum schielen: Es geht um ein qualitatives, nachhaltiges Wachstum, denn die soziale Marktwirtschaft hat nur Zukunft, wenn sie auch ökologisch denkt.

Wie sehen in einem solchen Umfeld die Perspektiven für die öffentlichen Haushalte insgesamt aus?

Allein mit massiven öffentlichen Mitteln wird man die Wirtschaft meines Erachtens nicht flott kriegen, auch mahnt uns die bereits recht hohe Verschuldung der Haushalte und eine immer höher werdende Zinslast eher zu einem konsequenten Sparkurs. Schließlich sollte ja auch irgendwann einmal der sogenannte EU-Stabilitätspakt eingehalten werden.

Was bedeutet dies letztlich für uns in Ingolstadt – und für unseren Haushalt 2005?

Vieles am Zahlenwerk 2005 ist schwer abgleichbar mit 2004 – aufgrund der Ausgliederung des Kommunalunternehmens „Ingolstädter Kommunalbetriebe“. Dessen Einrichtung ist erst einmal positiv zu bewerten, kann jetzt doch in diesen Bereichen flexibler gesteuert und unabhängiger vom städtischen Haushalt operiert werden.

Allerdings nimmt die Bedeutung unserer städtischen Töchter insgesamt im Verhältnis zum städtischen Haushalt immer mehr zu, erreicht die Bilanzsumme einer Tochter bereits die Höhe des gesamten städtischen Haushaltes.

Im Grunde schreit hier alles – so wie es in der Wirtschaft mit Konzernbilanzen üblich ist – nach einer konsolidierten Abbildung aller wirtschaftlichen Aktivitäten. Dies insbesondere wenn es gilt, einen Stadthaushalt mit Gewinnausschüttungen und Kapitalentnahmen von Töchtern über Wasser zu halten.

Zum Haushalt 2005 selbst:

Lassen Sie mich hier anknüpfen an das im Juli verabschiedete Paket „Sicherstellung der Genehmigungsfähigkeit des Haushaltes 2005“. Viele Entscheidungen sind damals von unserem Kreis mit großem Einvernehmen getroffen worden, die Notwendigkeit eines Sparpaketes war unumstritten.

Strittig allerdings doch eine Reihe von Grundstücksgeschäften sowie Einsparpositionen gerade in kritischen Bereichen wie Familie und Jugend, die für mich letztlich ausschlaggebend für eine Ablehnung des Haushaltes sind.

In Zeiten knapper Mittel, wirtschaftlicher Unsicherheiten und zunehmender Probleme gerade Jugendlicher, den Weg in ein sinnerfülltes Berufs- und gesellschaftliches Leben zu finden, liegt es nahe, das Gewicht eher von den rein materiellen zu den mitmenschlichen Investitionen zu verlagern.

Freiwillige Leistungen müssen wie alle Positionen des Haushaltes ganz allgemein kritisch hinterfragt werden, aber zugunsten einer wirkungsvollen Jugend- und Sozialarbeit dürfen sie nicht vorwiegend als Kostenfaktor gesehen werden.

Auch Familien wurden von der Politik über lange Jahre hinweg vernachlässigt, dann nach der Kohl-Ära kurz wiederentdeckt, um jetzt wieder ins Hintertreffen zu geraten.

In unserem Haushalt wird dies gerade beim Thema freiwillige Schülerbeförderung deutlich. Dass man nicht eine jede Leistung in gleichem Umfang bei zunehmend angespannter finanzieller Situation aufrechterhalten kann, dafür ist mit Sicherheit beim Bürger Verständnis zu erwarten. So war es im vergangenen Jahr, nur in diesem Jahr war dafür die Steigerungsrate zu hoch.

Gut, da kamen natürlich auch noch externe Einflüsse hinzu: Dass ausgerechnet beim ÖPNV, dem in Sonntagsreden allenthalben eine hohe Bedeutung zur Bewältigung unseres Verkehrsaufkommens zugewiesen wird, von Bund und Land Zuschüsse massiv gekürzt werden, das kann niemandem vermittelt werden.

Einen Investitionsschwerpunkt hat der Haushalt im letzten Jahr im Schulbereich gesetzt. Dabei hatten angesichts knapper Kassen notwenige Erweiterungen Vorrang gegenüber Sanierungen bestehender Gebäude. Ein Sanierungsstau hat sich aufgetan nicht nur bei Schulen, auch bei anderen öffentlichen Gebäuden vom Rathaus bis zum Theater.

Zu einer etwas umfangreicheren Sanierung kommt nun wohl kurzfristig unser Rathaus. Die Erneuerung des Flachdaches wie die Sanierung der Westfassade waren trotz Schäden an der Bausubstanz und enormer Energie-Einsparpotentiale erst für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen.

Dies zeigt deutlich, wie eng der investive Spielraum der Stadt heute ist: Ohne nicht erwartete Städtebaufördermittel wäre eine Einbeziehung dieser Massnahmen in die derzeitigen Aktivitäten nicht möglich gewesen.

Werden Sanierungsmassnahmen zu lange geschoben, so kann dies zu massiven Mehrkosten führen. Es muß also ein Anliegen für diesen Stadtrat sein, möglichst rasch fällige Arbeiten an städtischen Gebäuden anzugehen – und mögliche Chancen auszuloten, Mittel dafür auch unabhängig von der jeweiligen Haushaltslage zu aktivieren. Ein Stichwort dazu: Energiespar-Contracting.

Dass sich die Lage öffentlicher Haushalte in den nächsten Jahren entschieden verbessert, davon sollten wir vorsichtshalber nicht ausgehen. Zum Beispiel ist die Gewerbesteuer für 2005 und 2006 vor einem Jahr noch um 47 Mio Euro positiver geschätzt worden. Jene 85 Mio Euro Gewerbesteuer pro Jahr, die notwendig wären, um ohne Nettokreditaufnahme über die Runden zu kommen, sind und bleiben doch ein schönes Stück entfernt. Die Prüfung von Alternativen bei der Finanzierung muss also ein Thema sein, wobei uns bewusst sein muss, dass es sich hier nur um ein mögliches Mittel zur Entlastung handelt, das sicherlich aber nicht zur Lösung der kommunalen Finanzkrise geeignet ist.

Übrigens stehen wir auch bei diesem Thema nicht allein: Der Deutsche Städte- und Gemeindebund beziffert den bundesweiten Sanierungsbedarf allein an Schulen auf 30 Mrd. Euro.

An dieser Stelle, wo ich mich eben schon kurz mit Perspektiven für die nächsten Jahre beschäftigt habe, ein Wort zur Finanzplanung. Ich halte die Zahlen wie in den letzten Jahren auf der Einnahmenseite immer noch als insgesamt gesehen zu optimistisch. Ohne weitere hohe Kreditfinanzierungen sind die Investitionsplanungen in dieser Form nicht machbar – da wird noch manches überdacht werden müssen. Deshalb heute dazu meine Ablehnung.

Ein weiterer Gedanke von mir noch einmal zum Thema Sanierungen – und den Ausschreibungskriterien in einem Beschaffungsprozess. Die Europäische Kommission hat in diesem Jahr ein Gesetzgebungspaket verabschiedet, mit dem die europäischen Vergaberichtlinien vereinfacht, modernisiert und an die Bedürfnisse einer modernen Verwaltung angepasst werden. Dabei dürfen auch ökologische Kriterien explizit in Ausschreibungen aufgenommen werden.

Schließlich geht es bei der Beschaffung um das nachhaltigst wirtschaftlichste und nicht das preiswerteste Angebot. Ein Gedanke, den wir nicht außer Acht lassen dürfen.

Wenn heute in ein Projekt investiert werden soll, dann fällt auch gerne der Blick auf die IFG. Ein Projekt, das dort derzeit in Überlegung ist, ist die Erweiterung des Parkhauses am Hauptbahnhof. Ich finde, bevor dort Geld in die Hand genommen wird, sollte erst einmal geprüft werden, welche Möglichkeiten zur Verbesserung der Parksituation am Nordbahnhof geboten werden können. Grundsätzlich sollte versucht werden, Bahnkunden aus dem Norden Ingolstadts möglichst nicht mit dem Auto erst durch die ganze Stadt zu schicken, sondern den Bahnhof im Norden aufzuwerten.

Bei der Gelegenheit drängt es sich auf auch gleich den fehlenden Verkehrsverbund ansprechen: Es ist höchste Zeit, dass der „weiße Fleck Region 10“ auf der Landkarte der Verkehrsverbünde getilgt wird.

Und noch einmal zum Thema Verbund: Vergessen wir in diesem Zusammenhang auch einen Bahnhalt Audi-Nord nicht aus den Augen. Die gesamte Region könnte davon profitieren - eine spürbare Entlastung der Strassen vom Berufsverkehr erreicht werden – und das bei Kosten, die einen Bruchteil einer SO-Spange betragen. Für mich ist das Zustandekommen eines Audi-Haltes schlechthin die Nagelprobe für eine umfassende regionale Verkehrspolitik – mit Nutznießern in der Stadt und in der Region.

Damit bin ich beim letzten Stichwort: Region.
In letzter Zeit wird versucht, Synergiepotentiale im Konzern Stadt zu heben. Vergessen wir dabei nicht, dass auch eine intensivere regionale Zusammenarbeit mannigfaltige Vorteile für alle Beteiligten bringen kann.

Damit bedanke ich mich für ihre Aufmerksamkeit und wünsche allerseits eine ruhige, besinnliche Weihnachtszeit und ein gutes Neues Jahr 2005.

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